Noch gibt es keine Medizin gegen eine neue Krankheit: Reichweitenangst. Erst wenn E-Fahrzeuge mit Akkus mit einer Reichweite jenseits der 1000 Kilometer auf den Markt kommen werden, ist “Heilung” in Sicht. So wird eine Fahrt von Klagenfurt in die Bundeshauptstadt zu einem spannenden Abenteuer. Aber zum E-Mobilitätskongress, der El Motion, muss man standesgemäß mit einem Stromer anreisen.
Eine Fahrt nach Wien mit dem Auto ist ja heute nichts Besonderes. Auf der Süd mit ein bisschen Glück und wenig Verkehr, ein Unternehmen, dass 3 Stunden dauert und keine Aufregung mehr verursacht. Mit einem Elektroauto schaut die Sache schon ein bisschen anders aus.
Aber nun zum Selbstversuch. Das Testobjekt ist ein Kia e-Niro. Voll aufgeladen vor der Fahrschule Alpenland in Klagenfurt zeigt das Display 426 Kilometer Reichweite. Womit der Computer vermutlich nicht gerechnet hat war, dass es zur ElMotion, dem größten Elektromobilitätskongress Österreichs, nach Wien, gleich gegenüber dem Schloss Schönbrunn, gehen sollte. Distanz laut Navi: 324 Kilometer über die Südautobahn.
Wir haben uns vorgenommen, nicht zu schleichen, nicht auf die Heizung – es ist Jänner – zu verzichten und auch das Radio darf uns unterhalten. Und wir haben uns vorgenommen zu beweisen, dass die Reichweite auch tatsächlich reicht und wir mit genug Reststrom in Wien ankommen werden.
Die Realität der Elektromobilität ist allerdings brutal. Wir haben den Tempomat während der Fahrt ständig auf 110, manchmal 120 km/h eingestellt. Das Auto cruist dahin – auch in der IG-L-Zone in Graz – und die angenehme Seite der E-Mobilität zieht uns in ihren Bann. An der Raststation Laßnitzhöhe Süd muss Koffein nachgetankt werden, die Restreichweite macht uns keine Sorgen: 261 Kilometer bei verbleibenden 175 Kilometern.
Womit wir allerdings nicht gerechnet haben, war dann der Wechsel. Es geht doch ein gehöriges Stück bergauf – wenn auch sanft, aber die Kilometer am Display schmelzen dahin. Auf der niederösterreichischen Seite kommt dann zumindest auf der Beifahrerseite ein wenig Sorge auf, weil für die verbleibenden 72 Kilometer nur noch 96 Kilometer am Display und damit auch im Akku über bleiben. Die Topographie – nach Wien geht es leicht bergab – spielt uns in die Hände. Trotzdem erreichen wir die Bundeshauptstadt mit einer Restreichweite von gerade einmal 32 Kilometern.
Mehr Nervenkitzel bedeutet dann, die nächste Ladesäule zu finden. Zwar gibt es eine App der KELAG, die uns alle Ladesäulen zeigt und auch perfekt funktioniert. Aber die erste Ladesäule ist außer Betrieb, die zweite von zwei Diesel-Stinkern verparkt. Erst bei der dritten werden wir fündig. Restreichweite 24 Kilometer.
Das Laden ist dank der Partnerverträge mit der KELAG auch bei Wien Energie relativ einfach möglich und wir lassen unser Fahrzeug erstmal stehen und laden. Mit 7,4 kW (AC) dauert es doch gute 10 Stunden – egal wir sind ja den ganzen Tag bei einem Kongress und sparen uns die Parkgebühr!!!
Spannender wurde dann schon die Heimreise. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund zeigt das vollgeladene Fahrzeug in Wien nur 412 Kilometer Reichweite an. Gleiche Tempowahl, gleiche Strecke: doch in Klagenfurt kommen wir mit 11 Kilometern Restreichweite an. Die Nerven liegen blank – zumindest bei 50 % der Passagiere.
Fazit: Es fehlt nicht viel, damit Elektrofahrten zum entspannenden Reisen werden. Ein paar Kilometer Akkureichweite mehr, ein bisschen weniger Nervenkitzel und ein zweiter Kaffee. Dann spricht nichts auch gegen längere Reisen mit einem Stromer. Der KIA e-Niro hat seine Feuertaufe auf der Langstrecke unserer Meinung trotzdem bestanden.
Die Kosten fürs Laden lagen übrigens bei knapp 19 Euro für 324 Kilometer. In Wien zahlt man zwar das Laden, darf aber gratis parken. Für 10 Stunden hätten wir 22 Euro abgedrückt. Hätten wir einen Diesel genommen, 22, 23 Liter wären für die Strecke verbrannt worden und dafür knapp 27 Euro an Kosten entstanden – plus Parkgebühren. (Nach der Rückkehr in Klagenfurt haben wir übrigens gratis geladen).
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