Elektronik-Chips besser gesagt deren Mangel bringen derzeit die gesamte Automobil-Branche in Bedrängnis. Bei allen Herstellern haben sich die Wartezeiten für Neuwagen verlängert, bei einigen Autobauern wird bereits über Kurzarbeit nachgedacht. Und das alles, obwohl die Auftragsbücher voll sind.
Toyota muss die Produktion im September halbieren, weiß DiePresse zu berichten. Und die Japaner sind in guter Gesellschaft. VW produziert beispielsweise nach der Sommerpause nur im Einschicht-Betrieb. Audi ist mit 50.000 Autos im Rückstand. GM muss in den USA die Produktion für zwei Wochen komplett stilllegen, Ford stoppt die Produktion von Pick-ups.
Durch Corona wurden in den Produktionsländern – vor allem in Südost-Asien – die Chipproduktionen gegen null gefahren. Nachdem der erste Schock vorrüber war und die Fertigung wieder Fahrt aufnahm, werden Malaysia oder Singapur aktuell erneut von einer schweren Welle getroffen und die Fabriken schraubten ihre Produktion wieder zurück. Die Delta-Variante grassiert und hinterlässt Spuren.
Fünf Prozent der Fahrzeuge, die eigentlich ausgeliefert werden könnten, liegen auf Lager oder sind noch gar nicht gefertigt. In der Branche rechnet man mit einem Umsatzentgang jenseits der 100 Milliarden Dollar.
Der Grund für die Krise ist leicht erklärt. Egal ob Verbrenner oder Elektrofahrzeug es werden immer mehr Chips in den Fahrzeugen verbaut. Intel rechnet bereits damit, dass sich der aktuelle Elektronikanteil in den kommenden Jahren noch verfünffachen wird. Nicht umsonst suchen die Amerikaner in Europa nach geeigneten Produktionsstätten. Gleichzeitig knabbern aber auch andere Branchen, wie Handys, Tablets und Consumer-Produkte, gierig am Chipkuchen. Was in der Automobil-Industrie noch erschwerend hinzu kam, ist, dass Autobauer ihre Aufträge im ersten Krisenschock storniert haben und sich jetzt hinten anstellen müssen. Und natürlich spielt auch eine Rolle, dass die Autoindustrie für die Chipbranche ein vergleichbar kleiner Kunde ist. Nur 10 Prozent aller weltweit produzierten Chips werden von der Autoindustrie gekauft.
Geht es nach Experten, wird der Chipmangel die Automobilbranche noch bis Mitte 2022 beschäftigen. Bei manchen Herstellern sind die Wartezeiten für Neuwagen bereits auf 14 Monate angestiegen. Tesla will die Neuauflage des Roadster überhaupt auf 2023 verschieben.
Vor allem Autoverkäufer sind derzeit am Verzweifeln. Bei vielen von ihnen sind Provisionen ein Hauptbestandteil des Gehalts. In Österreich fordert die Wirtschaftskammer jetzt eine Unterstützung. Dass die Preise für Neuwagen durch die Krise um drei bis sechs Prozent steigen könnten, wird da wohl nicht helfen.
Kommentar hinterlassen